Leichte Sprache: Selbst verstehen, selbst bestimmen

Zum internationalen Tag der Leichten Sprache erzählen Kirsten Luckau und Marco Maul, warum die Leichte Sprache so wichtig ist.

Kirsten Luckau und Marco Maul arbeiten in den Wetterauer Werkstätten der Teilhabe Wetterau gGmbH in Friedberg – Kirsten in der Zentrale, Marco in der Küche. Außerdem sind beide Prüfer im Wetterauer Büro für Leichte Sprache. Hier werden Texte aller Art in die Leichte Sprache übersetzt. Die Prüfer bewerten anschließend, ob die Texte verständlich sind, ob sie noch schwere Wörter enthalten und ob die Zusammenhänge und Botschaften eindeutig sind. „Wir versuchen immer, die richtigen Wörter zu finden“, sagt Marco Maul und Kirsten Luckau betont: „Zusammen finden wir heraus, wie ein Text einfacher ist.“

Die Leichte Sprache folgt klaren Regeln zu Wörtern, Sätzen und Grammatik, Textgliederung, Formatierung und Gestaltung sowie zur Verwendung von Bildern und Grafiken. Durch die Leichte Sprache ist es vielen Menschen möglich, Texte selbstständig zu lesen und zu verstehen.

Warum ist Leichte Sprache wichtig?

12 Prozent der deutsch sprechenden Erwachsenen in Deutschland können nicht mehr als einzelne Wörter oder Sätze lesen und schreiben. Zusammenhängende Texte können sie gar nicht erfassen. Zu diesem Ergebnis ist die LEO-Studie der Universität Hamburg gekommen. Jede achte Person braucht also Hilfe beim Zeitunglesen, bei Behördengängen, beim Ausfüllen von Anträgen oder wenn es schlicht darum geht, welches Essen im Restaurant bestellt werden könnte und wie man am Ticketschalter eine Fahrkarte bekommt. Selbstbestimmung? Fehlanzeige! Informationen eigenständig verstehen zu können, ist ein hohes Gut, das all denjenigen selbstverständlich erscheint, die keine Schwierigkeiten damit haben, einen Text in Alltagssprache zu verstehen. Leichte Sprache fördert Barrierefreiheit, Kommunikation auf Augenhöhe, Selbstbestimmung und Teilhabe von Menschen mit geistigen Behinderungen, Sehbehinderungen, Sprachstörungen oder Demenz, von älteren Menschen, von Menschen, die nicht gut Deutsch sprechen.

"Ich möchte Informationen selbst verstehen"

„Leichte Sprache ist gut“, sagt Marco Maul. „Ich kann Texte in Leichter Sprache gut lesen, weil die Buchstaben größer sind und die Zeilen größere Abstände haben. Ich kann die Texte in Leichter Sprache einfacher verstehen.“ Für ihn ist die Arbeit als Prüfer im Büro für Leichte Sprache sehr wichtig: „Wenn ich Texte prüfe und verstehen kann, dann verstehen andere Menschen sie auch besser“, berichtet er stolz.

Kirsten Luckau liest gerne Zeitung. „Aber die Buchstaben sind sehr klein. Und manche Wörter und Sätze sind sehr schwer“, bemängelt sie. Auch in Briefen zum Beispiel von Behörden oder Versicherungen seien die Wörter und Sätze oft schwer. „Wenn ich einen Text nicht verstehe, muss ich andere fragen“, so Kirsten Luckau. „Es ist blöd, wenn man von jemand anderem anhängig ist. Ich bin froh, dass meine Eltern mir Texte erklären können. Aber ich möchte Informationen selbst verstehen. Mit der Leichten Sprache geht das“, betont auch Marco Maul.

Sie haben schon viele Texte geprüft: Verordnungen, Internetseiten, Broschüren… Besonders interessant fanden sie die Broschüren über Natur, Pflanzen und Tiere vom Biosphären-Reservat Rhön. „Da haben wir beim Prüfen viele spannende Sachen gelernt“, so die beiden Prüfer. Erst vor Kurzem haben sie sich mit Johann Wolfgang von Goethes Faust beschäftigt. Das Freie Theater Fulda hatte die Übersetzung des Textbuchs in Auftrag gegeben. Für die Prüfer war die Arbeit an „Goethes Faust in einfacher Sprache“ eine große Herausforderung, die aber auch viel Spaß gemacht hat. „Das war schwer. Wir haben lange daran gearbeitet“, erinnert sich Kirsten Luckau. Aber sie weiß auch: „Jetzt ist das Theaterstück leicht zu verstehen.“ Und davon werden viele Menschen profitieren.